2010, Hessenliga 1.BTC-Herrenmannschaft
Im September letzten Jahres beschloss der Vorstand, die 1. Herrenmannschaft nicht mehr für die Hessenliga-Saison 2010 zu melden. Im Gespräch erläutern Präsident Dr. Andreas Göbel und Sportwart Bertrand Kaus die Entscheidung, die nach langen Überlegungen und Diskussionen sowohl im Vorstand als auch mit den Sponsoren unumgänglich war.
Was gab letztendlich den Ausschlag für diese Entscheidung und was bewog den Vorstand, auch keine Mannschaft für die Verbandsliga zu melden?
Dr. Göbel : Die 1. Herren-Mannschaft- also die Hessenliga- Mannschaft wurde in erster Linie über Spendengelder finanziert . Es war Wunsch der privaten Spender- es sind ja praktisch die gleichen, die uns schon zu Zeiten der 2. Bundesliga unterstützt haben- die Spenderbasis zu verbreitern um die finanzielle Last der einzelnen zu verringern .Dies ist trotz vielfältiger Versuche nicht gelungen. An dieser Stelle möchte ich aber allen Spendern und Sponsoren danken; mit ihrer Hilfe und mit Bertrands Kenntnis im Spielerbereich hatten wir eine Mannschaft, die den Verein über die Jahre gut und würdig vertreten hat. Wir haben für Hessenliga-Verhältnisse mit einem kleinen Budget sehr weit oben mitgespielt…
Wie hat das die Mannschaft aufgenommen-gab es Probleme mit bestehenden Verträgen, konnte alles so abgewickelt werden, dass keine Nachteile für den Verein entstanden sind?
B. Kaus: Grundsätzlich haben wir Spieler gehabt, die gerne für den Club gespielt haben, die sich wirklich auch reingehängt haben, die sehr gut bei den Leuten angekommen sind und die natürlich jetzt beim Rückzug bedauert haben, das es nicht weitergeht . Aber da die Entscheidung im Vorstand ja sehr früh gefallen ist, konnten wir am 25.9.2009 den HTV informieren, dass wir nächstes Jahr nicht mehr dabei sind .Es wurde auch dort mit Bedauern aufgenommen. Die Spieler konnten sich rechtzeitig um andere Vereine bemühen.
Jetzt sind sowohl die 1. Herren-Mannschaft als auch die 2. Mannschaft für die Gruppenliga gemeldet…
B. Kaus: Sicher wäre der nächste Sprung gewesen, man spielt Verbandsliga, nur wenn man schaut, welche Spieler wir da haben, dann wird unsere 1. Herrenmannschaft von einem Patrick Pesch angeführt, der jetzt 40 Jahre alt ist und in dem Moment sagt, an 1 muss ich spielen von der Leistungsklasse her- macht das Sinn für mich in der Verbandsliga oder in der Gruppenliga? Die jetzige 1. Mannschaft mit Patrick Pesch, David Beudt, Daniel Banjac, Ruben Greiner, Christian Tarau und Thomas Heinrich ist gut genug, sich in der Gruppenliga zu behaupten und da müssen wir diesen Druck nicht so haben…
Nun gab es neben den sportlichen sicher auch wirtschaftliche Gründe?
Dr. Göbel: Wir können als Verein keinem Spieler Aufwandsentschädigungen in Geld geben, das ist nach dem Sozialversicherungsrecht in Deutschland mehr oder weniger dann so, dass die Spieler dann als unsere Angestellten gelten und dann müssten wir 41 % Sozialversicherung bezahlen- das ist wirtschaftlich absolut witzlos. In der Verbandsliga sind finanzielle Aufwandsentschädigungen jedoch die Regel. Genau das wollten wir nicht. In der Hessenliga spielten Vollprofis, die von der Sozialversicherungspflicht befreit sind, so dass dies günstiger war. D.h. für den Verein wäre eine Verbandsliga- Mannschaft teurer geworden -zudem sich wohl kaum Sponsoren gefunden hätten… Hinzu kam, dass eben Patrick Pesch, der Mannschaftsführer sich gegen die Verbandsliga aussprach und der hat ein gewichtiges Wort bei uns…
Im Bereich der 2. und 3. Mannschaft und der 1. Junioren hat sich ein Stamm an Spielern gebildet, die jetzt nicht über Geld nachdenken – die einfach Spaß am Tennisspielen haben – und da habe ich das Gefühl, wenn wir die jetzt gegen Ihren Willen in die Verbandsliga hochhieven, dann machen wir all das wieder kaputt. Wir hätten dann auch wieder fremde Spieler zur Verstärkung holen müssen , eingespielte Jungs wären dann aus der Mannschaft verdrängt worden … also für mich macht es keinen Sinn, eine gute Hessenliga-Mannschaft zurückzuziehen , um dann eine mehr mäßige Verbandsliga-Mannschaft zu finanzieren, die dann den Verein mehr Geld kostet….
Bedeutet das auch Abschied vom bezahlten Tennis schlechthin…?
Dr. Göbel: Sicher muss man sich die Frage stellen, macht es im Tennis Sinn, bezahlte Mannschaften zu haben bei relativ teuren Spielern und wenigen Zuschauern für ein paar Begegnungen im Jahr…anders ist es beispielsweise beim Volleyballclub Wiesbaden, da kommen zu jeder Heimbegegnung so viele Zuschauer- das ist ein ganz anders Finanzpotenzial und das läuft das ganze Jahr ..aber überhaupt scheint es mir fragwürdig mit dem Geld im Tennis.., man baut eigene Jugendliche auf und sobald jemand gut ist, legt der Vater dem Vereinspräsidenten einen Vertrag vor, in dem steht, was der Verein zahlen muss, damit der Sohn weiter in dem Verein spielt. Offensichtlich ist es gar kein Problem für die Spieler, wegen geringer wirtschaftlicher Vorteile den Verein zu wechseln. In so einer Situation macht es wenig Sinn und ist perspektivlos, in dem Metier weiter mit zu mischen.
Nachdem in den letzten Jahren mit Hessenliga, mit Clubhaus -Renovierung etc. eine ganze Menge gestemmt wurde, was für den Verein nicht einfach war… wie sind nun die Perspektiven für 2010, was sind die kommenden Aufgaben?
Dr. Göbel: Also für mich ist ganz wichtig, dass wir die Zielgruppe des mittleren Altersbereiches fest im Auge haben, da ist in meinen Augen nicht so viel getan worden- da wird in vielen Clubs , die sehr auf die Wettbewerbs- und Wettkampfsituation gucken, nicht so viel getan.. Also dass auch Leute Spaß am Tennis haben, die erst mit 30, 35 anfangen, Tennis zu spielen und dass sie nach ein paar Jahren sogar auch so ansprechend spielen, dass sie in einer Altersklassenmannschaft mitspielen können… und das denke ich ist wichtig, da liegt ganz viel Potenzial. Auch um dem Verein ausreichend Beitragszahler zu sichern, muss man in diesem mittleren Bereich mehr machen. Das ist für mich eine Zielgruppe, um die man sich kümmern muss- wir möchten das ja machen, indem wir zum Beispiel ein offenes Schleifchenturnier machen , an dem eben nicht nur Vereinsmitglieder mitmachen können sondern auch diejenigen, die über unser Lokal – mittlerweile in einer nicht kleinen Anzahl- als Nichtmitglieder per Gäste bei uns spielen. Und dass man über offene Veranstaltungen wirbt – ihr brauchen nicht Gäste sein, ihr könnt auch jeden Tag bei uns spielen, wenn ihr Mitglied werdet. Das halte ich für eine ganz wichtige Zielgruppe, die Leute zwischen 30 und 50, warum soll nicht auch einer anfangen mit Tennis als Gesundheits-Sport, warum nicht… das heißt ja nicht, dass man nur Breitensport und schlechte Tennisqualität anbietet, aber ich glaube in dem Bereich gibt es Potenzial…
B. Kaus: Fest steht, dass die Talsohle im Tennis durchschritten ist – das sagen auch viele der Hersteller schon wieder- es werden höhere Zahlen abgesetzt an Schlägern und Schuhen- es ist wichtig , dass wir uns offener präsentieren- dass wir versuchen , die Leute zu begeistern, zu uns zu kommen…
Das heißt tatsächlich, Abschied und Neubeginn im BTC?
Dr. Göbel: … also ab dem Zeitpunkt, wo mir das Finanzvolumen der Hessenliga klar war, habe ich die Hessenliga persönlich ohnehin als temporär angesehen. .weil mir klar war, dass man mit einem Verein einfach die Budgetverhältnisse nicht darstellen kann .Auch die Konzentration der Vorstandsarbeit gerade während der Sommermonate auf die Hessenliga ist nicht unproblematisch- wir sind ja alles ehrenamtliche Leute.. unser Zeitbudget ist begrenzt -wenn wir das zu 100% oder 80% in die Hessenliga investieren, fehlt es halt woanders…
B. Kaus: – ich denke wir haben das vier Jahre gemacht und vier Jahre sehr ordentlich und das Kapitel ist jetzt abgeschlossen und wir haben eben durch einen Neuanfang wieder andere Chancen , andere Ausrichtung.. bin mal gespannt, wie es jetzt dem Lokalrivalen WTHC geht, das einzige, was halt schade ist, dass die nicht ein Jahr früher aufgestiegen sind. Also ein Lokalderby wäre es noch mal gewesen – in Wiesbaden, die haben auch sehr bedauert, dass wir nicht mehr dabei sind…
Dr. Göbel: Ja, es macht aber auch aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn, jetzt in zwei Jahren wieder das Gleiche zu beginnen. Wir sind ein eingetragener Verein mit Gemeinnützigkeit- das ist keine Firma. Wenn wir eine Mannschaft finden, die sagt, wir wollen halt den normalen Aufwand entschädigt haben, wir brauchen kein Geld- dann können sie gerne in der Hessenliga spielen … aber wir können nicht jetzt wieder von vorne anfangen etwa für weniger Geld. Die Spieler haben hier Gelegenheit, ihren Sport auszuüben, wir unterstützen sie da wo es geht, aber wir können ihnen keinen Lebensunterhalt bieten… Entweder werden sie so gute Tennisspieler, dass sie davon leben können durch Einzelturniere oder sie müssen- und das tun ja unsere Jugendlichen und Junioren auch- sich einen vernünftigen Beruf suchen und das Tennis ist dann eben der Sport, den man in der Zeit macht wenn nicht arbeitet oder studiert. … vielen Dank für das Gespräch. Das Gespräch führte Detlev Schmelzenbach am 20.2.2010 für die Internet-Redaktion.